Die soziale Prekarität von Studierenden schreit zum Himmel. Seit Jahren bereits reicht das BAföG – die studentischerseits erkämpfte staatliche Förderung von Studierenden, Auszubildenden und Schüler:innen über 18 Jahren – vorne und hinten nicht zum Leben, geschweige denn zum aufgeklärt-kritischen Studieren.
Nun war das Bundesverfassungsgericht aufgerufen, diesem Umstand Abhilfe zu schaffen und zu entscheiden, inwiefern auch für Studierende das aus Art. 1 GG („Menschenwürde“), Art. 12 GG („freie Wahl von Beruf und Ausbildungsstätte“) und Art. 20 GG („Sozialstaatsgebot“) abgeleitete Recht auf ein lebens grundlagensicherndes Existenzminimum gilt.
Herausgekommen ist eine faktische Revision dieser grundgesetzlichen Ansprüche, da laut Gericht generell die Wahrnehmbarkeit von Grundrechten gar nicht materiell durch den Staat abgesichert werden müsse und Studierende, wollten sie nicht unter dem Existenzminimum leben, ihr Studium jederzeit auch abbrechen könnten und dann „Bürgergeld“- empfangsberechtigt seien.

So redet das Bundesverfassungsgericht nicht nur einer Regierungspolitik das Wort, die den antifaschistischen Charakter des Grundgesetzes seit längerem schon zugunsten der „Kriegstauglichmachung“ der Gesellschaft zu untergraben versucht. Es wird auch das BAföG als sozialstaatliche Errungenschaft eines verbindlichen Rechtsanspruchs auf ein lebensgrundlagensicherndes Existenzminimum für Studierende und Auszubildende in Frage gestellt – und damit die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik prinzipiell.
Das verdient unseren entschiedensten Widerspruch. Das BAföG wurde im Zuge der 1968er-Bewegung erkämpft als rückzahlungsfreier, lebensgrundlagensichernder Vollzuschuss für alle Studierenden, Auszubildenden und Schüler:innen ab 18 Jahren. Alle sollten so in den Genuss des Rechts auf höhere Bildung kommen können. Dies geschah in dem Bewusstsein, dass die wissenschaftlich-qualifizierte Weltaneignung zudem von zentraler Bedeutung für die allgemeinwohlorientierte Entwicklung der ganzen Gesellschaft ist.
Insofern ist es als „BAföG für Alle“ heute mehr denn je neu zu erkämpfen. Diese Auseinandersetzung hat zugleich paradigmatische Bedeutung für die Verwirklichung der Menschenwürde als universellem Gleichheitsmaßstab, der unteilbaren Grundrechte in ihrem sozialen Gehalt und einer zivil orientierten, aufgeklärten Sozialstaatlichkeit zur realen Krisenlösung. Sie reicht damit weit über die Grenzen des universitären Rahmens hinaus.
In diesem Zusammenhang wollen wir mit Wilhelm Achelpöhler u.a. diskutieren: Wie ist das aktuelle BAföG-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu deuten?
Was bedeutet es für die heutigen Auseinandersetzungen um eine sozial gerechte, staatliche Studienförderung?
Auf welches historische Rechtsverständnis der Grundrechte im Allgemeinen und des BAföG im Konkreten lässt sich dabei zurückgreifen, um die notwendigen Verbesserungen gesellschaftlich durchzusetzen?
DISKUSSIONSVERANSTALTUNG
mit WILHELM ACHELPÖHLER, Fachanwalt für Verwaltungs- und Hochschulrecht, Mitglied im Republikanischen Anwaltsverein, IALANA
MONTAG, 28. APRIL 2025, 18 UHR
HÖRSAAL RECHTSHAUS (Rothenbaumchaussee 33)